Freitag, 15. März 2013

Die Angst vor dem Ende des weißen Mannes – Workshop zum Thema "Mann in der Krise"

Das Panel zum "Ende des weißen Mannes" machte auf den künstlichen Medienalarmismus aufmerksam, der seit ungefähr zehn Jahren zu diesem Thema produziert wird.

Beschäftigen sich beide mit Männerrechtlern: Dr. Thomas
Gesterkamp (links) und Hinrich Rosenbrock (Foto: Monika Keiler)
Der Journalist und Buchautor Dr. Thomas Gesterkamp (zum Videointerview) macht in seinem Input zu "Geschlechterkampf von rechts", einer von ihm für die Friedrich-Ebert-Stiftung angefertigten Expertise, auf die zahlreichen regressiven Strömungen aufmerksam, die seit zehn Jahren mit viel Medienhysterie das angebliche "Ende des weißen Mannes“ verkünden. Er analysierte darin eine gesellschaftlich um sich greifende Angst, die im Mainstream wie in vielen maskulinistischen Bewegungen herrsche. Dabei unterstreicht er auch, dass diese Hysterie nicht unabhängig von anderen reaktionären Bewegungen geschürt wird. So gibt es beispielsweise vielfache Verbindungen zwischen maskulinistischen Strömungen und  z.B. der rechtsradikalen NPD.

Die Angst, die er beschreibt, bezieht er als Erstes auf zwei Punkte: Einerseits sind es Trennung und Scheidung, die in einer Zeit, in der Frauen immer autonomer gesellschaftlich handeln, solche Ängste verstärkten. Kratzen diese doch an der Rolle des Ehemanns, der in Sachen Männlichkeit immer noch eine relevante Symbolik besitzt. Ähnlich intensiv ist die Verunsicherung in der Berufswelt bemerkbar. Auch dort produziert die Tatsache, dass Männer nicht mehr mit Selbstverständlichkeit Führungsrollen besetzen, einen relevanten Unruheherd. Letztendlich steht in beiden Bereichen die männlich tradierte Ernährerrolle zur Disposition, die sich zunehmend auflöst.

Weitere Beispiele, wie diese Ängste sich mit rechten Ideologien verbinden, findet Gesterkamp in Beispielen wie dem ständigen Beklagen über Political Correctness oder auch bei Anders Breivik, dessen Manifest nicht nur muslimophobe Projektionen beinhaltetet, sondern auch verschwörungstheoretische Figuren, die sich gegen die Emanzipation von Frauen richtet. Paradoxerweise schaffen es diese hegemonialen, politisch rückständigen Positionen, Männer dabei auch noch als Opfer zu inszenieren.


Ratespiel mit Dr. Regina Frey (Foto: Monika Keiler)
Dr. Regina Frey, Mitarbeiterin des genderbüros, veranstaltet daraufhin in ihrem Input ein Quiz, indem sie dem Publikum Zitate vorstellt, die es im Anschluss verschiedenen Publikationen zuordnen sollte. "Amerika kastriert Polizisten und Feuerwehrmänner“ titelte zum Beispiel die Welt. Dabei machte sie deutlich, dass die dramatische Inszenierung der angeblichen Männlichkeitskrisen kein Randthema ist, sondern als absurder Effekt in allen Bereichen des Gesellschaftlichen artikuliert wird: Ob Cicero oder Focus, Stern oder Junge Freiheit – überall finden sich Zitate der gleichen Verunsicherung, die als weitreichende Krise inszeniert werden, ohne überhaupt genau beweisen zu können, wieso die Krise einer derartig hegemonialen Figur überhaupt ein Problem darstellt.

Aufmerksames Publikum (Foto: Monika Keiler)
 Der letzte Sprecher, Hinrich Rosenbrock, lenkt die Aufmerksamkeit noch einmal auf die Strategien weißer männlicher Ideologie: Sowohl im Verhältnis zu Weißsein, als auch im Verhältnis zu Männlichkeit besteht diese darin, quasi unmarkiert als Original zu fungieren, während People of Color und Frauen immer als das "Andere" inszeniert werden. Auch er wies darauf hin, dass die antifeministische Männerrechtsbewegung Sexismus und Rassismus verbindet (siehe dazu auch seine Expertise: Die antifeministische Männerrechtsbewegung. Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung). Auch Rosenbrock weist auf die Paradoxie hin, dass sich in den Zeiten zerbröckelnder Hegemonie weißer Männlichkeit gerade diese als Opfer inszenieren.
Einspruch von Seiten der Gender Studies würde demnach als unnatürliche Intervention in die Natur der Dinge umgelabelt. Mit Beispielen von Flyern maskulinistischer Bewegungen zeigt Rosenbrock die Idiotie dieser Strömungen. So nennen sich die Maskulinisten auch mal "die Juden der BRD“. Ein anderes Bild zeigte ein Klischee der scheinbar reinen, weißhäutigen Mutter – der Titel "Keep These Hands Off!“ unterstrich, wie sehr konservative und auch oft christliche Männlichkeitsideologien ein relationales Spiegelbild der perfekten, ungebrochenen Mutterfigur heranziehen. Statistisch sind 90 Prozent der maskulistischen Strömungen Männer, aber auch 10 Prozent von ihnen sind Frauen, erklärt Rosenbrock.  Text: Tim Stüttgen

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